Interview mit Stahlmann

1. Oktober 2012, 00:05 - afm, stahlmann - geposted von DocDesastro

Stahlmann, 2008 in Göttingen gegründet, werden der Neuen Deutschen Härte zugerechnet. 2010 veröffentlichte die Band ihr gleichnamiges Debütalbum und ging unter anderem mit Eisbrecher auf Tour. Gegenwärtig sind sie gemeinsam mit Project Pitchfork und ihrem neuen Album Quecksilber unterwegs. Jetzt ist es uns gelungen, die Jungs für die ROCKYOU.fm-Hörerschaft zu interviewen. 24 Fragen haben wir dem Quartett gestellt, 23 davon haben sie uns beantwortet.

ROCKYOU.fm: Erst einmal herzlichen Glückwunsch zum neuen Album. Seit 2008 gibt es Euch ja schon und 2009 seid Ihr gleich wie eine Bombe in die Top 20 der deutschen Alternative-Charts eingestiegen. Hättet Ihr Euch damals so einen großen Anklang träumen lassen?
Stahlmann: Dankeschön. Nein, damals hätte sich das eigentlich keiner träumen lassen... eigentlich sagte jeder "Ey, ihr macht NDH? Das ist doch schon seit 10 Jahren tot" :)

ROCKYOU.fm: Wenn man diverse Rezensionen über Euch liest, wirft man Euch gerne vor, eine Mischung aus Megaherz, Eisbrecher und Rammstein zu sein. Lässt Euch solche Kritik kalt? Was glaubt Ihr, woher kommt das? Straft die Szene jeden gleich ab, der in den Top 20 landet?
Stahlmann: Ich würde es nicht abstrafen nennen. Diese Bands sind für uns alle sehr gute Kollegen. Wir mögen die Musik, die wir machen und die NDH ist unser Zuhause. Wir haben nie versucht, die Innovation des neuen Jahrtausends zu sein, sondern einfach die Musik zu machen, die wir lieben und die in uns ist. Warum sollte ich meinen Musikgeschmack ändern, nur weil jemand meint es klänge nach dem oder dem? :) Dazu kommt, dass ich's ganz witzig finde. Wir sind also eine Mischung aus Rammstein, Megaherz, Oomph, Eisbrecher, cool, alles Bands, die ich mag. Die machen alle nen unterschiedlichen Sound und wir vereinen ihn in uns, dann können wir ja nicht genauso klingen, oder?

ROCKYOU.fm: Seht Ihr oben genannte Bands eher als Konkurrenz, geschätzte Kollegen oder Inspiration? Ich meine mich zu erinnern, dass selbst Rammstein dazu stehen, von Oomph! inspiriert zu sein.
Stahlmann: In dieser Szene inspiriert jeder jeden, es gibt ja auch nur eine Handvoll Bands. Ich schätze alle Kollegen sehr und freue mich über jeden einzelnen Erfolg, denn der tut jedem in der Szene gut.

ROCKYOU.fm: Wodurch, würdet Ihr sagen, besticht Euer eigener Stil?
Stahlmann: Einmal natürlich durch unser Stahlkonzept und die Optik, aber um bei den anderen Bands zu bleiben: Wir gehen nicht so auf Provokation wie Rammstein, sind eher melancholisch und nicht so rifforientiert wie Megaherz, haben weniger Schlager-und Balladenanteile als Unheilig und sind vom Songwriting (wir haben mehr Realdrums, weniger Industrialanteile und programmierte Drums) sowie textmäßig auf einem anderen Kurs als der Eisbrecher.

ROCKYOU.fm: Technisch interessierte Leser würden gerne wissen, mit welcher Ausrüstung Ihr Eure Lieder produziert.
Stahlmann: Tobi und ich haben zuhause jeder eigene Studios, wir arbeiten fast ausschließlich mit Softwaresynth. Gitarren werden über Line 6 Amps sowie Engel und Mesa Amps recordet.
Drums umd Bässe setzen wir immer verschiedene ein. Das Ganze geht dann in der Vorproduktion ins Logic und beim finalen Recording ins Protools.

ROCKYOU.fm: Ihr seid anfangs bei AFM Records unter Vertrag und daran scheint sich nichts zu ändern. Seid Ihr zufrieden mit Eurem Label? Was macht ein gutes Label aus?
Stahlmann: Ja, wir sind bisher sehr zufrieden. Es geht darum, die Band nach vorne zu bringen.
Das zweite Album ging direkt in die Top 40 der offiziellen Media Control Charts, also wurde verdammt gut gearbeitet. Ein gutes Label organisiert vor allem eine gute Promo und bekommt über einen
guten Vertrieb die Platten auch in die Läden.

ROCKYOU.fm: Wie seid Ihr auf das Konzept "Stahlmann", also Eurer Band gekommen?
Stahlmann: Das Konzept und der Name gingen Hand in Hand. Wir wollten etwas wie eine Rock'n'roll-Blue Man Group aus dem Boden stampfen und das Ganze mit den grauen Männern von Momo kreuzen. Das war die Grundidee damals, von grau gings auf silber, von silber auf Stahl.
Dann war der Name da und dann war klar, wir werden silber.

ROCKYOU.fm: Euer Album Quecksilber fand ja auch reißenden Absatz. Die vorbestellten Exemplare waren im Dezember ja weg wie warme Semmeln. Hättet Ihr mit solch einer Resonanz gerechnet?
Stahlmann: Wir hatten es natürlich gehofft, dass es so abging, war jedoch auch für uns unglaublich.
Das Album ist ja schon etwas anders als das erste, was ja auch immer mit einem gewissen Risiko verbunden ist, aber es schlug ein wie eine Bombe.

ROCKYOU.fm: Könntet Ihr unseren Hörern einen Einblick in den Schaffensprozess bei "Quecksilber" geben?
Stahlmann: Tobi und ich sind ein Traumteam, was Songwriting angeht, wir ergänzen uns 100%.
Wir fingen direkt nach dem Release der ersten Scheibe an zu schreiben und 3 Monate später riefen wir das Label an und sagten "ok, wir wären dann soweit mit der 2. Platte". Wir haben uns eingeschlossen und schickten unsere Songideen mehrmals täglich durchs Netz, dateten uns up,
Tobi bombte mich zu mit Riffs und ich schickte ihm am nächsten Tag den Song mit meinen Vocalideen und Programmings zurück. Andersrum nahm ich Songideen komplett bei mir auf, schickte sie ihm und er bastelte Riffs unter diese Tracks.

ROCKYOU.fm: Ihr seid zurzeit auf Tour mit Project Pitchfork. Läuft die Tour bislang zu Eurer Zufriedenheit? Wie ist die Zusammenarbeit mit Peter Spilles und Band?
Stahlmann: Wir sind super zufrieden. Die Hallen sind voll und die Resonanz ist der Wahnsinn.
Project Pitchfork sind ein toller Headliner und eine fantastische Band!! Sie unterstützen uns mit allem, was sie haben. Die Band, die Crew, durch die Bank alle super nett, wirklich eitelfreie, großzügige Menschen und fantastische Musiker. Wir mögen uns sehr! Auch Deviant UK möchte ich erwähnen, die da keine Ausnahme machen!!

ROCKYOU.fm: Auf was dürfen wir uns denn in diesem Jahr noch freuen?
Stahlmann: Da wird noch viel passieren. Es wird im Herbst eine große Headlinerour geben, dazu kommt noch eine weitere Supporttour und eine tolle Festivalsaison. Dazu sind wir im Kopf schon wieder beim nächsten Album.

ROCKYOU.fm: Wie schätzt Ihr die Situation im Musikbusiness ein? Ist es schwer, von Musik zu leben? Welchen Tipp könnt Ihr aufstrebenden Musikern geben? Welche Klippen gilt es zu umschiffen?
Stahlmann: Es ist wahnsinnig schwer, gerade als Szeneband. Es verdienen halt immer erstmal alle anderen, bevor man selbst etwas bekommt. Durch die sinkenden Plattenverkäufe steckt kaum noch einer Geld in Newcomer und wenn die Industrie es tut, wollen sie eigentlich ein fertiges Produkt. Veranstalter rufen Miete auf, anstatt Bands zu bezahlen, das ist schon ein bissel krank.
Das Einzige, was einfach ist, ist die Musik selber.

ROCKYOU.fm: Wie steht Ihr zur GEMA und GVL?
Stahlmann: Ein Segen und ein Fluch zugleich. Zum einen ist es natürlich gut, darüber ein paar Einkünfte zu generieren, zum anderen verbaut es auch verschiedene Kanäle wie Youtube usw.

ROCKYOU.fm: Seht Ihr schon den Tod der CD als Tonträger oder wird online-Vertrieb überbewertet?
Stahlmann: Leider wird das irgendwann passieren, ich hoffe, dass das noch ewig dauert, denn ich für meinen Teil hab gerne was in den Händen. Eine CD, ein Cover, den Text und die ganzen kleinen Dinge, die die Bands im Inlay zu sagen haben.

ROCKYOU.fm: Setzt Ihr Euch mit aktueller Tagespolitik auseinander oder lässt Euch das kalt?
Stahlmann: Das tun wir. Wir diskutieren darüber und tauschen oft Eindrücke aus, halten es aber aus der Musik konsequent raus.

ROCKYOU.fm: Mit welchen Bands würdet Ihr gerne mal zusammen auftreten?
Stahlmann: Wow, da gibt's viele! NIN, Prodigy, Metallica, Tool, um nur einige zu nennen.

ROCKYOU.fm: Gibt es ein "Lieblingsfestival", auf dem Ihr gerne auftretet/auftreten würdet?
Stahlmann: Rock am Ring wäre schon mehr als geil.

ROCKYOU.fm: Wenn man Eure eigenen Plattensammlungen durchforsten würde, was würde man da finden? Habt Ihr eine persönliche Top 10?
Stahlmann: Das kann ich so gar nicht beantworten, denn Tobis und meine Top 10
wären bis auf zwei oder drei NDH- Kreuzungen grundverschieden. Bei mir wären es Bands wie NIN, Combichrist, Eisbrecher oder auch Udo Lindenberg, bei ihm Bands wie In Flames oder Amorphis.

ROCKYOU.fm: Welche Platte würdet Ihr Eurem schlimmsten Feind schenken?
Stahlmann: Die Hitparade der Volksmusik.

ROCKYOU.fm: Kalt ist es zurzeit in Deutschland. Mal Hand aufs Herz - wo würdet Ihr jetzt in diesem Moment Urlaub machen, wenn Ihr könntet?
Stahlmann: Wellenreiten auf Bali wäre nicht schlecht!

ROCKYOU.fm: Wo würdet Ihr Euch und Stahlmann in 5 Jahren sehen?
Stahlmann: Niemand weiß, was in 5 Jahren ist und keiner arbeitet hier an einer Weltübernahme.
Wir machen uns darüber im Moment gar keine Gedanken, genießen die Zeit und die Konzerte und die Party mit den Fans.

ROCKYOU.fm: Welche Ziele wollt Ihr als Band erreichen?
Stahlmann: Wir sind eine Szeneband, und das werden wir auch bleiben. Das Ziel ist es, unsere Musik zu machen, tolle Songs zu schreiben und weiterhin tolle Shows zu spielen.

ROCKYOU.fm: Gibt es auch "Stahlfrauen" in Eurem Leben, die Ihr erwähnen möchtet?
Stahlmann: Die gibt es.

ROCKYOU.fm: Trennt Ihr Band und Privates?
Stahlmann: Ja, das tun wir, deswegen werde ich auch die obere Frage nicht weiter beantworten.

ROCKYOU.fm: Vielen Dank für das Interview im Namen unserer Hörerschaft.