Wacken Open Air 2015 - ein Nachbericht

9. August 2015, 21:09 - festival, nachbericht, wacken - geposted von SaniToeter

Wow. Was ein Jahr in Wacken. Vom 30.07.-01.08. fuhren wieder gefühlte hunderttausend Metal-Jünger in den schönen Norden um auf Acker unter freiem Himmel so richtig die Sau raus zu lassen. Harder, faster, louder hieß es wieder auf dem Wacken Open Air. Für die ganz ungeduldigen, oder diejenigen die nur wegen der Bilder hier sind: in unserer Galerie findet ihr visuelle Impressionen der Schlammschlacht. Doch halt, ich greife voraus.

Dieses Jahr hat Petrus den Jüngern eine besondere Aufgabe gestellt. Es hieß: Schlauchbot raus, oder du gehst unter. Schlamm, Schlamm, Schlamm soweit das Auge reicht war die Konsequenz aus drei Tagen Starkregen vor dem Festivalbeginn. Auch unsere Crew traf der Regen hart - auch wenn durch vorhandene Erfahrung und ausreichendes Equipment schlimmstes verhindert werden konnte. Die Bilder sprechen jedoch für sich und zum ersten Mal seit 2005 hat der Veranstalter ICS sich kurzfristig entschieden eine limitierte "Matsch Heavy Metal" T-Shirt-Edition zu drucken.

Doch der Reihe nach. Mittwoch, am offiziellen ersten Anreisetag, sah es zunächst noch gut aus auf dem Weg in den Norden. Die Autobahnen waren frei (was an der frühen Anreisezeit gelegen haben dürfte) und auch der Weg zum Check-In war noch soweit okay. Auf dem Parkplatz vor dem Check-In dann jedoch die ersten Spuren und die bange Frage: wenn hier schon so viel Wasser ist, wie sieht das dann erst auf dem Platz aus?

Und es kam wie es kommen musste. Aufgrund der starken Regenfälle, die die gesamte Nacht vom Dienstag auf den Mittwoch angedauerten, konnten die Zeltplätze nicht befahren werden. Es mussten Bodenplatten ausgelegt werden um dem Boden ein wenig Ruhe und Entspannung zu verschaffen. Nachdem dies fachmännisch erledigt worden war ging es zum Glück relativ zügig und über die freie Wiese aufwärts im Gelände. Dort konnte man schon das Ausmaß der Gesamtlage erahnen: der vorgeschriebene Weg war zu diesem Zeitpunkt bereits unbefahrbar.

Nichts desto trotz wurden schnell die Zelte, Pavillons (eine Entschuldigung übrigens an die Metal Guards, dass wir uns genau wie alle anderen anwesenden Metalheads nicht ans Aufbauverbot gehalten haben) und Gerätschaften aufgebaut (der Grill hat zu lange gebraucht!!1!) und das erste Bier geöffnet. Als das alles erledigt war sah man hoffnungsvoll den ersten Konzerten am Mittwoch entgegen - doch daraus wurde nichts. Pünktlich um 13 Uhr, als man sich für die ersten Bands bereit machte öffneten sich die Himmelsschleusen und der Regen hörte bis auf kurze Unterbrechungen von bis zu dreißig Minuten auch nicht mehr auf. Das Resultat war dann feucht frühliche Unterhaltung am Mittwoch. Die Nacht auf Donnerstag war geprägt von Wind und Regen - laut den Veranstaltern kamen insgesamt über 70l pro Quadratmeter vom Himmel...

Donnerstag sah es dann auch entsprechend aus. Zwar war der erste Ausflug in Richtung Bühnen für In Extremos 20 jährige Jubiläums-Show zunächst von festen Wegen geprägt, aber sobald man in die Nähe von anderen Menschen kam wurde es schlammig. Knietief stiefelten die Metalheads aus dem Dorf, die teilweise auf Anraten des Veranstalters nur noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist waren, da man bis Donnerstag nachmittag nicht aufs Gelände gelassen wurde, sich auf das Gelände um den ersten Klängen zu lauschen. In Ex lieferten dann auch eine heiße Show mit viel Ekstase und es wurde trotz Matsch viel getanzt. Während der folgenden Shows von Rob Zombie, Trans-Siberian Orchestra und Savatage konnte man noch ein paar Mal angenehme Schauer erleben. Dass sich Rob Zombie die Ehre gaben hat mich persönlich besonders gefreut.
Für lustige Abwechslung sorgte im ebenfalls völlig überschwemmten Bullhead City Circus übrigens Combichrist, die mit ihren harten Elektro-Sounds und beigemischter Gitarre der Menge ordentlich einheizten. Eric Fish war auch mit seinem Solo-Programm anwesend, eine Show die ich leider verpasst habe, durch den Matsch war die Bühne jedoch von unserem Standpunkt aus nur mit extremen Verzögerungen erreichbar, so dass wir hier Abstriche machen mussten.
An die letzte Show des Abends, also die von Trans-Siberian-Orchestra und Savatage muss hier noch besonderer gewürdigt und erinnert werden. Zunächst einmal, da Savatage eine Revival-Show lieferten, bei der die Bandmitglieder zum ersten Mal seit fast 20 Jahren wieder gemeinsam auf der Bühne standen um alte Klassiker zu zelebrieren. Aber auch, weil anschließend Trans-Siberian-Orchestra und Savatage gleichzeitig auf den beiden Hauptbühnen spielten. Ein Anblick, den so schnell wohl kein Fan des W:O:A vergessen wird.

Freitag gab es endlich auch keinen Regen mehr, der Schlamm war jedoch noch überhaupt nicht angetrocknet, so dass es weiter matschig-feucht-fröhlich ins Programm ging. Der Tag war gut gefüllt mit Auftritten, so dass es spätestens nachmittags an die Substanz ging. Es lockten Epica, Ensiferum, Sepultura, Kvelertak, At the Gates, Stratovarius, Opeth, Annihilator, Dream Theater, Black Label Society, Oomph!, In Flames, Running Wild und The Bosshoss. Gleichzeitig spielten noch Within Temptation und einige weitere Schmakazien wie Stoneman, Anaal Nathrakh oder auch Ye Banished Privateers. Leider war ich persönlich alleine mit der schieren Anzahl an Bands an dem Tag so überfordert, dass mir die Konzerte in der genannten Reihenfolge durcheinander geraten in der Erinnerung - ich erhebe also keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Trotz der vielen Bands und damit verbundenen Ortswechsel (teilweise konnten wir leider nur 20 Minuten einer Show mitnehmen, weil dann doch was anderes gehört werden wollte) bleibt nur zu sagen: wow, was eine Stimmung. Alle waren gut drauf, das Infield war gefühlt jedoch deutlich leerer als die letzten Jahre. Vermutlich waren viele Metalheads trotz der Bomben-Konzerte lieber am Zeltplatz geblieben, um nicht von weiterem Starkregen oder Sturm überrascht zu werden. Das Highlight des Tages dürfte wie für einige natürlich In Flames gewesen sein, die eine beeindruckende Show lieferten und sich mehrfach dafür bedankten, auf dem W:O:A beim vierten Besuch als Headliner spielen zu dürfen.

Samstag jedoch kam der Sommer zurück nach Deutschland - und mit ihm endgültig die Festivalstimmung. Die Sonne weckte einen morgens um 7:30 im Zelt, die ersten Bier wurden getrunken und langsam legte man sich einen Plan für den Tag zurecht. Während die Älteren zunächst die Duschen aufsuchen wollten machte sich das junge Gemüse der Crew auf den Weg um Powerwolf zu sehen. Am Zeltplatz erfreute die ältere Generation sich am Sound von Amorphis und Danko Jones bevor es dann auch wieder in Richtung Bühne ging. Rock meets Classic war angesagt, mit vielen Stargästen die Klassiker der, nunja, Klassik und des Metals mischten und performten - sehr empfehlenswert. Weiter ging es mit Biohazard, Bloodbath, Sabaton, Judas Priest, Cradle of Filth und Subway to Sally als klassischem Wacken-Ausklang (alle zwei Jahre wieder). (Disclaimer: Der Autor dieser Zeilen hat sich Subway entgehen lassen. Mittlerweile sieht man sie ja wirklich alle zwei Jahre auf Wacken das Festival beenden, da war mir mein Nachtschlaf lieber. Sorry, Jungs und Mädel.)
Parallel hätten wir gerne noch Zeit für Cannibal Corpse gehabt, da jedoch bei Sabaton mal wieder die zweite bzw. dritte Reihe angesagt war kamen wir hier nicht zur Party Stage. Die Party bei Sabaton war fett, eine DVD wurde aufgenommen und das Publikum ließ sich dementsprechend zu allen Späßen animieren.

Insgesamt bleibt zu sagen: dieses Wacken war nach langer Zeit endlich wieder ein würdiges Wacken, was die Anzahl der gesehenen Bands anging und man hätte noch viel mehr sehen können, wenn das Wetter mitgespielt hätte. Durch den Schlamm war man in der Bewegung von Zeltplatz in Richtung Infield, aber auch zwischen Infield und Bullhead City Circus bzw. Wacken Plaza mit Wackinger Village eingeschränkt. An dieser Stelle erlaube ich mir noch ein wenig Feedback in Richtung der Presseverantwortlichen von ICS: bitte einigt euch mit den Securities nächstes Mal vorher auf Laufwege und Notfallmaßnahmen. Jeden Tag zwei bis drei Mal umdisponieren zu müssen was Wege zum und vom Gelände angeht, inklusive zehnminutüge Umwege durch Matsch um dann nicht durchgelassen zu werden sind unnötig. Ich denke aber, das habt ihr selber schon genug auf dem Festival zu hören bekommen und nächstes Jahr wird alles besser. ;-)

Fazit.

Es. War. Geil. Wacken und seine Menschen erlebt man immer dann am intensivsten, wenn es eben nicht ist "wie jedes Jahr", sondern z.B. wenn der für Wetter zuständige Heilige es mal wieder richtig krachen lässt. Der Zusammenhalt und die Stimmung unter den Jüngern war unbeschreiblich geil - Wacken wir sehen uns nächstes Jahr! Rain or shine!

P.S.: das alles wäre nicht passiert, wenn der Festivalplatz vorschriftsgemäß verdichtet worden wäre!